Einen etwas älteren Bericht zur "fantastischen" Wehrmachtsausstellung:
http://www.konservativ.de/wma/kritik99.htm
Auszug aus dem Bericht (von 1999, trotzdem noch interessant):
Die Szene liegt nicht lange zurück: Teezeit. Zwei steinalte Generäle, sie haben zwei Deutschen Armeen mit Noblesse gedient, schütten dem Bundespräsidenten ihr Herz aus. Die Wehrmachtsausstellung, das Angedenken der toten Kameraden, welche Würdelosigkeit erfasse die Nation! Der Bundespräsident stimmt zu. Er ist Prädikatsjurist, versteht auch das Kriegsvölkerrecht. Es jucke ihn der Finger, dazu das Nötige zu sagen. Das gehe aber nicht! Man würde ihm Unkenntnis der Ausstellung vorwerfen. Und sie besuchen könne er erst recht nicht.
So war das Staatsoberhaupt matt gesetzt und mit ihm der Staat. Die akademische Lehre, die Kultusministerien, die Forschungseinrichtungen, das Verteidigungsministerium, die Bundeswehr, allen hat es die Sprache verschlagen. Derweil eroberte, von Bravorufen aus den Reihen der Medienredakteure getragen, die Hamburger Wehrmachtsausstellung den öffentlichen Raum. Bald eine Million Bürger hat entgeistert vor Fotos gestanden, die den Weltkriegssoldaten vergnügt hinter Leichenbergen zeigen, die er in seiner Berserkerwut angehäuft hat.
Nun fallen wir aus allen Wolken. Mit einem Mal stellt sich heraus, daß als Wehrmachtsangehörige Bezeichnete oft Ungarn, Finnen oder SS-Leute sind. Daß neun Zehntel der dargestellten Handlungen extrem grausam, aber keineswegs als kriegsrechtswidrig identifizierbar sind. Daß Schlüsselbilder gar keine Opfer der beistehenden Soldaten abbilden, sondern exhumierte Opfer der abgezogenen sowjetischen Geheimpolizei, des NKWD. Und daß der NKWD selbst Dokumente wie Selbstbezichtigungen gefangener Soldaten erpreßte oder fabrizierte, die nun als Beweisdokumente in der Ausstellung hängen. Falsifikate, denn ihre Unwahrhaftigkeit ist juristisch erwiesen; sie werden aber weiter gutgläubig gelesen. Sie tragen das Echtheitssiegel. Politik und Presse empfahlen ja diese Schau als sensationelles Wissenschaftsprodukt. Schonungslos objektiv, lupenrein recherchiert, ein Exerzitium zur deutschen Selbstfindung. Landes- und Kommunalverwaltungen organisierten den Besuch der Schuljugend.
Sie soll Geschichtsbewußtsein erwerben und konnte in der Tat eine Geschichte dabei lernen fürs Leben. Was vier Jahre als historiografische Spitzenleistung gefeiert wurde, ist in den letzten zehn Tagen zu einem Machwerk geschrumpft.
Unprofessionell, ignorant, tendenziös. Welche Sonne hat dies an den Tag gebracht? Seit etwa eineinhalb Jahren antichambrierten in den Redaktionen drei Sonderlinge, ein Pole, ein Ungar, ein Deutscher. Sie suchten Fotoanalysen zu veröffentlichen, welche ergaben, daß die ruhmreiche Wehrmachtsausstellung vor handwerklichen Fehlern strotzte. Das hörten die Blätter und Magazine mit gebotener Skepsis, ließen sich indes zu vermischten Notizen bewegen. Da waren Unerklärlichkeiten wie der Weg der 6. Armee, der Stalingrader, den eine Grafik der Aussteller ganz richtig hundert Kilometer nördlich des galizischen Städtchens Tarnopol einzeichnet. Gleichwohl wird die Stalingrad-Armee als Täterin eines daselbst geschehenen Massakers angeprangert, an einem Ort, den sie nie betreten hat.
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Was die drei Außenseiter nun in Stichproben privaten Forscherfleißes über die Kanäle bringen, das hätten die beamteten Insider vor vier Jahren schon auf dem Dienstweg erledigen können. Das ist ihr Metier, dafür sind sie besoldet. Infolgedessen mußte sie Rühe ebenfalls in die Schweigespirale verwickeln. Natürlich nicht schriftlich. Einer, der sich nicht daran hielt, Rolf-Dieter Müller, hat unlängst geschrieben, daß Jahre differenzierter Historiografie durch den öffentlichen Eindruck der Aussteller zunichte gemacht seien. Dabei ist denen der Gebrauch der Propagandakeule gar nicht vorzuwerfen. Geholzt wird überall. Nur die Ergriffenheit, die Feigheit und Einfalt, mit der ein Land, das seine Erinnerungskultur wie eine Monstranz vor sich her trägt, den Pfusch der Hamburger Ausstellungsmacher als wissenschaftliche Offenbarung schlürft, das, wie gesagt, erinnert irgendwie an früher.