Köhler und Schwan für grundlegende Reformen in Deutschland
Berlin (dpa) - Die Bundespräsidenten-Kandidaten Horst Köhler und Gesine Schwan haben sich im Interesse der Jugend in Deutschland für grundlegende Reformen ausgesprochen. Vor der Bundesversammlung am Sonntag forderten beide in Interviews mit der Deutschen Presse- Agentur vor allem mehr Investitionen in Bildung, Forschung und Wissenschaft.
Ablauf:
Wer darf wählen: http://www.wahlrecht.de/lexikon/bundesversammlung.htmlBerlin (dpa) - Der Bundespräsident wird laut Grundgesetz ohne Aussprache von der Bundesversammlung gewählt. Die Wahl ist geheim. Bundespräsident wird, wer die absolute Mehrheit erreicht.
Wenn die ersten zwei Wahlgänge ergebnislos bleiben, genügt im dritten Wahlgang die relative Mehrheit. Ein dritter Wahlgang ist bisher nur zwei Mal vorgekommen, zuletzt im Jahr 1994 bei der Wahl Roman Herzogs.
Am 23. Mai um 12.00 Uhr kommen die 1205 Mitglieder der 12. Bundesversammlung im Plenum des Bundestages in Berlin zusammen. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse eröffnet die Versammlung. Der erste Wahlgang beginnt mit dem namentlichen Aufruf der Mitglieder in alphabetischer Reihenfolge. Dann verlassen die Wahlleute den Plenarsaal. Hinter der Rückwand, wo der «Adler» hängt, legen sie ihren Wahlausweis vor. Dann erhalten sie eine blaue Stimmkarte mit den Namen der beiden Kandidaten sowie einen Umschlag und gehen damit in eine der insgesamt zehn Wahlkabinen.
Dort machen sie ihr Kreuzchen und stecken die Wahlkarte in den Umschlag. Danach geht jedes Mitglied zurück ins Plenum, wo zwei Wahlurnen stehen. Sie geben ihren Wahlausweis ab und werfen den Umschlag in eine Urne. Der erste Wahlgang soll etwa zweieinhalb Stunden in Anspruch nehmen. Sollte es zu weiteren Wahlgängen kommen, stehen weitere Stimmzettel und Ausweise in den Farben gelb und orange bereit.
Die Bundesversammlung hat ihre Aufgabe erfüllt, sobald ein Präsident gewählt ist. Wenn der siegreiche Kandidat seine Wahl angenommen hat, tritt er vor die Bundesversammlung und hält eine kurze Rede. Abschließend wird die Nationalhymne gesungen und der Präsident des Bundestages erklärt die Versammlung für beendet.
© dpa - Meldung vom 21.05.2004 13:34 Uhr
Wahlsystem:
http://www.wahlrecht.de/lexikon/bundespraesident.html
Diskussion nicht über die Kandidaten, sondern über andere Randfiguren hier:
Dies meint der Spiegel zu Hans Filbinger als Wahlmann:
http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... %2C00.htmlBerlin - Horst Köhler hat am Sonntag schon mal einen Vorteil: Er kann sich selbst wählen. Die CDU in Baden-Württemberg hat den Kandidaten auch gleichzeitig als Wahlmann für die Bundesversammlung aufgestellt. Es ist Tradition, dass die Parteien auch prominente Menschen aus dem öffentlichen Leben in die Bundesversammlung schicken, um ihren Kandidaten zu stützen. Zum einen soll das die Gesellschaft irgendwie abbilden, dem ganzen etwas Glanz und Bürgernähe verleihen, zum anderen garantiert das mehr Aufmerksamkeit, wenn im Vorfeld über Wahlmänner und -frauen wie Karl-Heinz Rummenigge bis Nina Hoss geschrieben wird.
Ausgerechnet der älteste Wahlmann überhaupt sorgt aber nun für große Aufregung in Berlin. Er wurde, ebenso wie Köhler, von der CDU in Baden-Württemberg aufgestellt. Der Mann ist 90 Jahre alt und heißt Hans Filbinger. Sehr lange war es ruhig um den früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten, der 1978 nach zwölf Jahren Amtszeit zurückgetreten war.
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Die Grünen sind empört über die Nominierung des ehemaligen Marinerichters. "Das ist völlig daneben", sagt Christian Ströbele gegenüber SPIEGEL ONLINE. "Die CDU ist in dieser Hinsicht offensichtlich unbelehrbar und versucht den Mann durch die Hintertür zu rehabilitieren." Die Kandidaten für das höchste Amt im Staat haben zwar keinen Einfluss darauf, von wem sie gewählt werden, aber Ströbele sieht für Köhler einen Fehlstart: "Man muss sich als Kandidat auch fragen, von wem man da eigentlich gewählt wird." Das sieht auch die PDS so: Lothar Bisky wirft der CDU vor, aus dem "Fall Hohmann" nichts gelernt zu haben. Die PDS-Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch sagt, "Herr Köhler soll sich drei Mal überlegen, ob er auf die Stimme von Herrn Filbinger zählt."
"Wir schaden uns selbst"
Der frühere NS-Marinerichter kämpft seit langem um seine Rehabilitation. Die Nazi-Vergangenheit kostete ihn seinerzeit den Ministerpräsidentenstuhl, an dem er festgehalten hätte, wenn der Druck nicht irgendwann zu groß geworden wäre. Er sieht sich immer noch als Opfer einer Kampagne, die seiner Meinung nach von der Stasi gesteuert wurde. Ungeschickt und uneinsichtig stellte er sich damals bei seiner Verteidigung gegen den Vorwurf des "furchtbaren Juristen" an, den der Schriftsteller Rolf Hochhuth öffentlich gemacht hatte. Filbinger habe, so hielt ihm Hochhuth vor, noch wenige Tage vor Kriegsende als Marinerichter an Todesurteilen gegen Wehrmachtsdeserteure mitgewirkt. Filbinger wollte sich damals erst nicht erinnern können, später versuchte er seine Todesurteile zu rechtfertigen mit dem berühmt gewordenen Satz, was damals rechtens gewesen sei, könne heute nicht Unrecht sein.
Rolf Hochhuth will es schlicht nicht glauben, dass Filbinger nun aufs höchste politische Parkett zurückkehrt. "Ich habe das für ein Latrinengerücht gehalten", sagt er SPIEGEL ONLINE. "Das ist furchtbar, entsetzlich und völlig taktlos." Der Vorgang beschädige auch die Würde des Bundespräsidenten, sagt Hochhuth. "Wir schaden uns selbst und unserem Ansehen im Ausland, wenn wir das zulassen". Es sei an der Zeit, "die Wahl des Bundespräsidenten nicht mehr der Parteienoligarchie zu überlassen, sondern direkt dem Volk."
Filbinger ist heute längst Ehrenvorsitzender der baden-württembergischen CDU, die ihn im vergangenen September zu seinem 90. Geburtstag groß ehrte. Dort hat er längst einen Helden- und Opferstatus erreicht. Es gab keine Gegenstimme, als der Stuttgarter Landtag am 31. März über die baden-württembergischen Mitglieder der Bundesversammlung entschied. Und Erwin Teufel, amtierender Ministerpräsident, schrieb dem CDU-Veteranen als aufmunterndes Vorwort in seine 2003 erschienene Autobiografie, Filbinger habe "wie kein anderer gegen die Umsturzpläne der 68er-Bewegung angekämpft. Und zwar mit Erfolg." Als skandalös bezeichnet der baden-württembergische Juso-Landesvorsitzende Hendrik Bednarz die Berufung Filbingers. "Das zeigt das selbstherrliche Verhalten der baden-württembergischen CDU, wenn sie einen anscheinend unbelehrbaren Mann, der sich bis heute als unschuldiges Opfer einer politischen Rufmordkampagne sieht, als Wahlmann nominiert."
Warme Worte von Helmut Kohl
Doch Filbinger hat prominente Fürsprecher mit Macht in der CDU. Helmut Kohl findet in seinen Erinnerungen warme Worte für den Marinerichter der Nazis. "Ich bin sicher, hätte sich Hans Filbinger - und dies war auch mein Rat an ihn - öffentlich mit einem menschlichen Wort des Bedauerns an die Angehörigen der Opfer gewandt, hätte er die gegen ihn laufende Kampagne durchstehen können."
Das sehen die Angehörigen der Opfer aber anders. Sie versammelten sich am Mittwoch in Berlin vor dem Brandenburger Tor, um gegen den honorigen Wahlmann Filbinger zu protestieren. Sie fragen sich, wie es beispielsweise Paul Spiegel empfindet, der Präsident des Zentralrats der Juden, der ebenfalls für die CDU als Wahlmann nach Berlin fährt, Seite an Seite mit Filbinger seine Stimme für Horst Köhler abzugeben. Rolf Hochhuth hofft, "dass dieser Skandal, vielleicht den ein oder anderen noch dazu bringt, seine Stimme der Gegenkandidatin zu geben". Vor allem aber sei die Ehrung geschmacklos gegenüber den Angehörigen der Opfer der Nazi-Zeit, sagt Juso-Chef Bednarz. Der zweitälteste Wahlmann in der Bundesversammlung ist nur ein Jahr jünger als Filbinger. Er heißt Hans Lauter und wurde 1936 vom so genannten Volksgerichtshof wegen Widerstands gegen das NS-Regime zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt.
Zur Person Hans Filbinger:
http://portale.web.de/Schlagzeilen/Bund ... 1085127393Ex-Marinerichter und Ministerpräsident: Hans Filbinger
Freiburg (dpa) - Er war einer der maßgeblichen CDU-Politiker in Deutschland, zwölf Jahre lang regierte er Baden-Württemberg. Doch dann wurde seine Tätigkeit als Marinerichter während des Nationalsozialismus bekannt, und Hans Filbinger musste 1978 als Ministerpräsident zurücktreten. «Ich blicke nicht im Zorn zurück», sagt er heute. Am 15. September 2003 wurde Filbinger 90 Jahre alt.
Mit seiner Frau lebt er in Freiburg. Geistig und körperlich ist er noch voll präsent. «Ich bin dankbar, dass ich dieses Alter erreiche und dass es mir noch so gut geht», sagt der bekennende Konservative, dessen Rolle während der NS-Zeit bis heute umstritten ist. Kritiker werfen dem Juristen vor, er habe seine Vergangenheit verdrängt, nicht verarbeitet.
Der geborene Mannheimer wurde 1951 CDU-Mitglied und 1960 baden-württembergischer Innenminister. Als Ministerpräsident Kurt Georg Kiesinger im Herbst 1966 als Nachfolger Ludwig Erhards ins Kanzleramt einzog, kam es in Stuttgart zum Bruch der CDU/FDP-Koalition. Filbinger bildete aus CDU und SPD eine große Koalition und wurde Regierungschef. Er gefiel sich in der Rolle des Landesvaters und spielte sie mit Erfolg: Bei den Wahlen 1972 und 1976 holte er für die CDU die absolute Mehrheit.
Als größte Leistung Filbingers wird eine gegen massive Widerstände durchgesetzte umfassende Kreis- und Verwaltungsreform angesehen. Mit dem Versuch, im südbadischen Wyhl ein Atomkraftwerk zu bauen, scheiterte er dagegen am Widerstand der Anwohner. Die Auseinandersetzung gilt als die Geburtsstunde der Ökologiebewegung in Deutschland. Filbinger sieht seinen damaligen Kampf gegen die Bürger mittlerweile als Fehler an. «Wyhl hätte ich nicht machen sollen», sagt er.
Auf Bundesebene entwickelte sich Filbinger als innenpolitischer Sprecher neben Franz Josef Strauß zu einem der schärfsten Kritiker der sozialliberalen Regierung. Den Wahlslogan «Freiheit oder Sozialismus» prägte er entscheidend mit. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wurde Filbinger 1978 sogar als Bundespräsidenten-Kandidat gehandelt.
Vor 25 Jahren dann der Absturz: Auslöser war eine Veröffentlichung des Schriftstellers Rolf Hochhuth in der Wochenzeitung «Die Zeit». In deren Folge wurde die Mitwirkung Filbingers als Marinerichter an vier Todesurteilen bei Kriegsgerichtsverfahren bekannt. Unter starkem öffentlichen Druck trat Filbinger am 7. August 1978 zurück. Seine Parteiämter gab er später ab.
«Mein Rücktritt war schmerzlich. Ich hing mit Leib und Seele an meiner Tätigkeit», sagt Filbinger heute. Er sieht sich noch immer als Opfer einer Rufmordkampagne, räumt im Umgang mit der Affäre aber Fehler ein. «Mein größter Fehler war es, dass ich mich nicht an die Spitze der Rechercheure gestellt habe. Ich hätte offensiver für die Wahrheit kämpfen müssen.» Stattdessen habe er sich schnell in die Defensive drängen lassen.
Ein Jahr nach seinem Rücktritt gründete Filbinger das Studienzentrum Weikersheim, dessen Ehrenpräsident er heute ist. Das Zentrum erklärt sich dem freiheitlichen Konservatismus verpflichtet, politische Gegner nennen es eine «rechte Kaderschmiede».
Filbinger hat arbeitet noch täglich mehrere Stunden in seinem Büro. Dabei ist er technisch auf der Höhe der Zeit: Seine Post erledigt er über E-Mail, Texte schreibt er am Laptop, im Internet unterhält er eine eigene Web-Seite. Lediglich seine Leidenschaft, das Bergsteigen, hat er aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben.
Internet:
Hans Filbinger: http://www.hans-filbinger.de
© webde - Meldung vom 21.05.2004 10:11 Uhr
Eventuell kühlt aber diese Meldung, die erhitzte Debatte etwas ab...
http://portale.web.de/Schlagzeilen/Bund ... id=4835197Bundesregierung auf Distanz zu Wahlmann Filbinger
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung geht auf Distanz zur Teilnahme des ehemaligen CDU-Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Hans Filbinger, an der Wahl des neuen Bundespräsidenten. Regierungssprecher Thomas Steg verwies am Freitag in Berlin auf die Vergangenheit Filbinger als «furchtbarer Jurist».
Außerdem ist Filbingers Satz, «was früher Recht war, kann heute nicht Unrecht sein» laut Steg «unvergessen». Zur Zustimmung von SPD und Grüne in Baden-Württemberg zu Filbingers Entsendung verwies Steg darauf, er kenne den Abstimmungsmodus im Stuttgarter Landtag nicht.
Filbinger war 1978 nach der Aufdeckung seiner Vergangenheit als Marinerichter und Staatsanwalt in der NS-Zeit als Ministerpräsident zurückgetreten. Er hatte an der Verhängung von Todesurteilen mitgewirkt.
CDU-Chefin Angela Merkel bezeichnete den Streit als «unverständlich». Filbinger habe schon mehrfach den Bundespräsidenten mit gewählt. Man müsse die Entscheidung des baden-württembergischen Landtages akzeptieren, sagte Merkel in Wiesbaden.
Filbinger nahm 1959 (Wahl von Heinrich Lübke), 1969 (Gustav Heinemann), 1974 (Walter Scheel), 1979 (Karl Carstens) sowie 1994 (Roman Herzog) und 1999 (Johannes Rau) als baden-württembergischer Wahlmann an der Bundesversammlung teil, sagte ein Sprecher des Landtags am Freitag der dpa in Stuttgart auf Anfrage.
Der (mittlerweile) Parteilose Martin Hohmann, gehört übrigens ebenfalls zur Bundesversammlung

http://www.bundestag.de/mdb15/bio/H/hohmama0.html